Erläuterung der Standpunkte der BI

Die „Bürgerinitiative Für Wöhrden“ hat durch ein von ihr initiiertes Bürgerbegehren die Zulässigkeit eines Bürgerentscheides über die Rücknahme der Beschlüsse in Zusammenhang mit dem Bau einer Bio-Frosterei, in Wöhrden und in der Presse als Projekt „CERES“ bekannt, erwirkt. In der anstehenden Abstimmung geht es darum zu entscheiden, ob diese Beschlüsse zurückgenommen oder aufrechterhalten werden sollen. Wir vertreten die Meinung, dass die Beschlüsse vom 20.12.2018 und vom 18.06.2019 zurückgenommen werden müssen.

Erläuterung:

Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen,

ursprünglich war der Grund für das Bürgerbegehren und den zu erwirkenden Bürgerentscheid nur die Notlage, dass die Einwohner aufgrund des schlechten Informationsflusses seitens der Gemeindevertretung und des Investors keine Vorstellung davon hatten, was sie bei dem Projekt „CERES“ zu erwarten haben. Da die Bauleitplanung bereits weit vorangeschritten war und ohne eine Bürgerinitiative bereits heute der Bau endgültig beschlossen sein hätte können, mussten wir über den Umweg des Bürgerentscheides die Bauleitplanung vorübergehend stoppen. Das eigentliche Ziel war allerdings nur ausreichende Informationen zu dem Großprojekt zu erhalten, damit die Bürger eine informierte Meinung zum Projekt entwickeln können.

Die außerordentlich große Beteiligung und das hohe Interesse an dem Thema haben auch uns überrascht und gezeigt, wie stark der Bedarf nach mehr Informationen tatsächlich war.

Die aufgrund der Bürgerinitiative einberufene und von Rainer Carstens moderierte Informationsveranstaltung der Gemeinde vom 24.10.2019 war dementsprechend stark besucht und konnte einerseits zwar einige Fragen klären, warf aber neue, viel spezifischere Fragen auf, die an diesem Abend nicht ausreichend beantwortet werden konnten. So wurde vereinbart, dass die Bürgerinitiative mit Rainer Carstens im direkten Dialog offene Fragen klärt und dementsprechend informieren kann. Nach dem ersten Treffen vom 11.11.2019 durfte die Bürgerinitiative dann auf Wunsch von Herrn Schoßnick (Amt Heider Umland), Herrn Schmidt (Westhof) und Rainer Carstens dann doch nicht von den Gesprächen berichten und wurde zur Verschwiegenheit über die Inhalte verpflichtet.

Zum zweiten Treffen am 19.11.2019 wurden dann dankenswerterweise die Gutachter eingeladen, die der Bürgerinitiative ihre Gutachten zum Thema Geruch, Lärm und Verkehr erläutert haben und offene Fragen direkt beantworteten. Aus diesem Treffen ergab sich dann die abschließende Meinungsbildung der Bürgerinitiative, die wir wie folgt erläutern:

 Sorgenpunkt Geruchsbelästigung:

Wir gehen davon aus, dass aufgrund der moderneren Technik in einer Frosterei wie „CERES“, die Geruchsbelastung deutlich geringer ausfällt, als bei der aktuell betriebenen Frosterei des Westhofs in Wöhrden. Da die alte Frosterei nach ca. einem Jahr des geplanten Parallelbetriebes zu „CERES“ abgeschaltet werden sollte, gehen wir davon aus, dass die Geruchsbelästigung für den Ort geringer ausgefallen wäre, als es heute der Fall ist.

Sorgenpunkt Lärmbelästigung:

Das Gutachten zeigt auf, dass alle relevanten Grenzwerte eingehalten werden und bis auf eine Ausnahme (Chausseestraße 47) keine relevante Zusatzbelastung in Sachen Lärm unter dem Aspekt der Einhaltung geltender Lärmschutzgesetze erfolgt.

Aber: Der geltende Lärmschutz berücksichtigt dabei nicht die Qualität des Lärmes und somit die Wirkung auf das Lärmempfinden der Bürger.

In Kurzform erklärt bedeutet das, dass die rechnerische Mehrbelastung zwar innerhalb der Grenzwerte bleibt, in der Praxis aber trotzdem deutlich wahrgenommen werden würde. Zum einen ist die bestehende Vorbelastung durch die Windkraftanlagen keine Dauerbelastung, denn die Rotoren/Flügel erzeugen einen lauter und leiser werdenden Lärm, der nur bei Windstille im Dorf wahrgenommen wird, wenn der Wind außerhalb des Dorfes richtig steht und den Ton in Richtung Dorf trägt.

Die Lüftungsanlagen von „CERES“, die in 11 – 13 Metern Höhe auf dem Verwaltungsgebäude montiert werden sollten, erzeugen einen Dauerlärm im Frequenzbereich von 500 Hz, einer relativ tiefen Frequenz, die entsprechend weit getragen und wahrgenommen werden würde. Zudem würde der Lärm im Dorf erzeugt werden und nicht außerhalb auf den Feldern der Windmüller, so dass „CERES“ auch ohne besondere Windrichtungen wahrnehmbar würde.

Außerdem sind im Bereich der Be- und Entladung, sowie bei den Wiegevorgängen, sehr laute Lärmspitzen zu erwarten. Im Mittelwert auf die Stunde gerechnet, liegen diese Belastungen natürlich wieder im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen. Es ist allerdings nachgewiesen, dass Lärmspitzen noch belastender sind als ein konstanter Dauerlärm (unregelmäßiges Türknallen im Vergleich zu einem dauerhaft laufenden Staubsauger zum Beispiel oder ein tropfender Wasserhahn, der zwar nicht laut aber trotzdem sehr nervig ist).

Diese Beispiele haben wir von Prof. Dr.-Ing. Kinias beim Arbeitskreis „Was Wöhrden Will“ erhalten, der in diesen Punkten mit der Bürgerinitiative übereinstimmt. Prof. Dr.-Ing. Konstantin Kinias ist, als Dozent an der Fachhochschule Kiel, ein auch von der Gemeindevertretung anerkannter Experte für Lärm.

Sorgenpunkt Verkehr:

Das Verkehrsgutachten weist nach unserer Auffassung einen logischen Fehler auf, der zwar nichts an der Rechtmäßigkeit ändert (dazu später mehr), aber für uns das ganze Gutachten ad absurdum führt, wenn man darüber nur kurz nachdenkt.

So wurde am 26.06.2019 eine Verkehrsmessung durchgeführt, die die Basis für alle weiteren Berechnungen und Einschätzungen sein soll. Gemessen wurde dabei lediglich an drei Verkehrsknotenpunkten: Die Einmündung B203/Neuenwisch sowie die Auf- und Abfahrt der Autobahn.

Am 26.06.2019 gab es noch keinen nennenswerten touristischen Verkehr (die Sommerferien in Hamburg begannen erst am 27.06.2019, in den restlichen, relevanten Bundesländern noch später) und auch keinen nennenswerten Ernte- oder sonstigen landwirtschaftlichen Verkehr. Wir betrachten diese Verkehrszählung also als „noch schnell vor dem Ansturm“ durchgeführt.

Im Gutachten wird später der Oktober als „schlimmster“ Monat ausgewiesen, in dem die Zusatzbelastung des Verkehrs mit Spitzenwerten von 26 Schleppern und LKWs pro Stunde erreicht wird.

Das bedeutet eine Fahrt alle 2,3 Minuten zusätzlich zu dem im Oktober viel stärkeren, landwirtschaftlich bedingten Verkehr als bei der Zählung im Juni. Außerdem ist auch der touristische Verkehr im Oktober noch deutlich intensiver als vor dem Beginn der Sommerferien. Die errechneten Wartezeiten an der Einmündung B203/Neuenwisch sind also nicht realitätsnah, sondern Wunschdenken. Jeder Bürger kennt die Problematik in den Ferien oder der Erntezeit über Neuenwisch herauszufahren und nimmt lieber den Kreisel. Man kann ja nicht einmal mit dem Auto gefahrlos linksherum hinausfahren, das viel kürzer ist und viel schneller beschleunigen kann als ein Schlepper oder LKW mit Auflieger. Hier wurde unserer Meinung nach mit dem geringen Verkehr aus dem Juni der viele Verkehr von „CERES“ im Oktober schöngerechnet und wir befürchten, dass die zweite Jahreshälfte für Wöhrden regelmäßig zum Verkehrschaos führen könnte, da die zusätzlichen Schlepper und LKWs dann, nachdem die Einmündung B203/Neuenwisch durch wartende Gespanne überlastet ist, mit großer Wahrscheinlichkeit den Weg durch den Ort wählen, um diese Wartezeiten zu umgehen. Und mit jedem auffahrenden Schlepper verschlimmert sich die Situation auf der B203 durch die Aufstauung des Verkehrs hinter den Schleppern.

Außerdem wurde die zu erwartende Masse an Verkehr aus allen anderen Richtungen (Meldorf, Büsum, Wesselburen) durch vorgegebene Werte des Westhofs berechnet und dabei besonders die geplante Entwicklung und Ausbreitung in Richtung Süden (Meldorf) nicht berücksichtigt. Wir halten das Gutachten deswegen für realitätsfern und nicht aussagekräftig in Bezug auf unser wirkliches Leben im Ort.

Zur Rechtmäßigkeit des Gutachtens führen wir an: Laut Aussage des Gutachters dürfen Verkehrsmessungen nur an einem Dienstag oder Donnerstag stattfinden, damit sie repräsentativ sind. Der 26.06.2019 war ein Mittwoch. Am 25.06.2019 hat es einen Unfall mit Sperrung der B203 gegeben, was eine Zählung unmöglich gemacht hätte. Deswegen wurde diese am nächsten Tag nachgeholt und nicht etwa am Donnerstag, dem 27.06.2019 (Ferienbeginn Hamburg). Da es uns zu keiner Zeit darum ging, auf „kleinkariertem Weg“ das Projekt „CERES“ zu sabotieren, haben wir diesen Punkt nie angeführt und das Gutachten rechtlich nie angezweifelt, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre.

Ein letzter Standpunkt der Bürgerinitiative ist der Gedanke der Solidargemeinschaft. Auch wenn es jemanden nicht direkt betrifft, ob wir mehr Lärm oder Verkehr im Ort haben würden, so denkt bitte daran, dass es viele Haushalte gibt, die direkt und sehr stark von einem solchen Projekt betroffen sein würden. Wir können nicht zusehen, wie ein Teil der Bürger für die Wirtschaft geopfert wird, ohne entsprechende Angebote zu erhalten, die ihnen ein lebenswertes Dasein sichern. Stellt Euch bitte vor, Ihr würdet direkt neben „CERES“ leben müssen und niemanden interessierte es, ob Euch der Lärm und Verkehr um den Verstand bringen würde. Wir denken, dass es für diejenigen, die im direkten Umfeld von „CERES“ leben, durch die Investoren Lösungsvorschläge geben müsste, mit denen alle Seiten gut leben können – sei es durch den Ankauf der Häuser, durch Entschädigungszahlungen oder technische Schutzmaßnahmen der Anwohner (z.B. Schallschutzverglasung, wie von Prof. Dr. Kinias vorgeschlagen). Erst wenn die direkt betroffenen Haushalte „versorgt“ sind und die anderen Punkte wie Verkehr und Lärm im Sinne der Bürger geklärt wurden, kann man in einer Solidargemeinschaft überhaupt erst darüber nachdenken, für ein solches Projekt zu stimmen. Aber das ist unsere persönliche Meinung und für niemanden verpflichtend anzunehmen.

Rainer Carstens hat laut Herrn Amtsleiter Schoßnick dem Amt und der Gemeinde mitgeteilt, dass er „kein verändertes Baurecht im Gewerbegebiet mehr benötigt und davon auszugehen ist, dass er die Bio-Frosterei nicht in den geplanten Dimensionen dort bauen wird“. Peter Schoof sagte in seiner Ansprache vom 27.11.2019, dass Rainer Carstens ihm „unmissverständlich und endgültig“ mitgeteilt hat, dass er „CERES“ nicht in Wöhrden bauen wird. Rainer Carstens hat in der Presse mitgeteilt, dass in seiner Familie inzwischen die Erkenntnis gereift sei, dass das ursprünglich geplante Grundstück mit gut sechseinhalb Hektar womöglich eh zu klein gewesen wäre und dass nun 40 Hektar gesucht werden, um auch künftig noch Erweiterungsreserven zu haben.

Wenn dem so ist und Rainer Carstens kein verändertes Baurecht in Wöhrden mehr braucht, braucht es auch keine Beschlüsse dazu. Deshalb bitten wir Euch, die Frage

Soll die Planung für den Bau einer Bio-Tiefkühlproduktion „Ceres“ in Wöhrden eingestellt und sollen somit die Beschlüsse der Gemeindevertretung Wöhrden vom 20.12.2018 und 18.06.2019 aufgehoben werden?“

 mit „JA“ zu beantworten.

 

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